Geschichten
Vertreibung aus dem Paradies
„Scheiße“, fluchte Adam, der sich gerne selber als finale Schöpfung bezeichnete, innerlich. Wohl wissend, dass Gott auch seine Gedanken lesen konnte. „Von wegen Paradies, die Hölle ist das! Ich langweile mich zu Tode.“ Unzufrieden stieß er einen Hasen, der seinen Weg kreuzte, mit dem Fuß zur Seite. Verängstigt hoppelte der Hase davon.
Das Angstgefühl eines seiner Schützlinge rief Gott auf den Plan, der sich wunderte, dass es im Paradies solche Gefühle überhaupt gab. Als Gott sah was geschehen war, rief er Adam zu sich: „Nun, mein Sohn, was veranlasst dich andere Geschöpfe zu verängstigen?“, fragte er etwas ungehalten, schließlich würden alle Hasen deshalb Zeit ihres Lebens ängstlich bleiben.
„Mir ist so schrecklich langweilig!“, antwortete Adam. „Alle deine Geschöpfe sind als Paare von dir erschaffen. Der Hase, die Maus, selbst Krokodile sind nicht alleine. Ja, nicht einmal die Fliegen oder Mücken. Obwohl das sicher eine Fehlentscheidung deinerseits war. Nur bei mir hast du an allen Ecken und Enden gespart. Keinen Partner, keine Arbeit, auch keine Hobbys um mir die Zeit zu vertreiben hast du mir geschenkt. „Wozu musst du die Zeit vertreiben?“, fragte Gott. „Sei doch froh, wenn sie verweilt. Ich verstehe nicht, was du möchtest. Immerhin kannst du tun und lassen was du willst, wann immer du willst. Du musst dir das Kreuz nicht krumm arbeiten, kannst die Zeit genießen und brauchst dich um nichts zu sorgen. Ist das denn nicht das Paradies für dich?“ Gott schüttelte ungläubig sein Haupt. „Oh nein, keine Rede von Paradies!“, sagte Adam. „Morgens weckt mich deine Sonne, wann du willst. Danach stehe ich mir die Füße in den Bauch oder sitze blöd herum, weil es nichts aber auch gar nichts für mich zu tun gibt. Und abends, wenn du das Licht ausmachst, muss ich schlafen, ob ich will oder nicht. Das nennst du Paradies?“ Gott begriff noch immer nicht wirklich, aber er fragte Adam: „Was möchtest du dann? Was kann ich tun, damit es auch für dich paradiesisch ist?“, fragte er weiter, denn Gott liebte Frieden und Harmonie. „Schenk auch mir eine Partnerin, eine Frau, die ich verwöhnen kann, der ich ein Haus bauen darf und die ich beschützen muss! Ich möchte Kinder mit ihr haben, mich an ihrer Schönheit erfreuen und ihr die schönsten Plätze deiner wunderbaren Welt zeigen.“ „Gut mein Sohn!“, sprach Gott, wenn du dir ganz sicher bist, werde ich dir Eva an die Seite geben. Beschütze sie, verwöhne sie, zeige ihr die Welt. Wenn das für dich das Paradies bedeutet, will ich deinen Wunsch gerne erfüllen.“ Gott hielt Wort und schenkte Eva das Leben an der Seite Adams.
Anfangs gefiel sich Adam in seiner Rolle als Beschützer sehr. Er verwöhnte seine Frau und sie schenkte ihm Kinder. Bald aber sehnte sich Adam zurück ins ursprüngliche Paradies. Seine Aufgaben, verlangten ihm mehr ab, als er eigentlich bereit war zu geben. Ständig musste am Haus etwas repariert werden, seine Frau hatte Wünsche, die er erfüllen sollte, und immer hatte er dafür zu sorgen, dass die Kinder zu essen hatten. So hatte er sich das nicht vorgestellt.
„Scheiße!“, fluchte Adam innerlich, er saß in der Sonne, aß einen Apfel und er wusste, dass Gott ihn schon wieder hören konnte.
Aber auch Gott hatte die Schnauze voll und warf die beiden kurzerhand aus dem Paradies.
Diese Geschichte bezeugt eindeutig: Die Frauen waren weder die Erfinder der Unzufriedenheit, noch haben sie den Rauswurf aus dem Paradies zu verantworten. Adam hätte nur vorsichtiger mit seinen Wünschen sein sollen.
Tausend Frösche und kein Prinz
„Na toll, wieder kein Prinz!“, schrie Bettina ungehalten und stampfte mit dem Fuß auf. Fast hätte sie, den gerade geküssten, zerstampft. Der konnte sich mit einem gewagten Sprung in das Rosenbeet retten. Ein paar Schrammen gab das schon, aber was soll es. Besser, als von dieser wütenden Furie zertreten zu werden.
Unzählige Frösche hatte Bettina schon geküsst, aber der Prinz war einfach nicht dabei. Das machte sie rasend. Noch dazu hatte sie nach einiger Zeit bemerkt, dass sie so manchen Frosch ein zweites Mal geküsst hatte. „Pahhh, das musste ja nun wirklich nicht sein.“ Deshalb hatte sie jetzt immer weiße Farbe und einen Pinsel bei sich, um die schon geküssten zu markieren.
Seit Monaten suchte sie diesen einen Frosch, denn sie wollte unbedingt Prinzessin werden. Ihre beste Freundin hatte ihr erzählt, dass sie im Wald einen Streit zwischen einer Hexe und diesem Prinz gehört hatte. Und als der Prinz die Hexe als „buckliges Ungeheuer“ bezeichnet hatte, verwandelte sie ihn kurzerhand in einen Frosch, der erst durch einen Kuss zurück verwandelt werden konnte. Bettina wollte unter allen Umständen diesen einen Frosch finden, aber es gab so viele Frösche in diesem Land. Alles hauptsächlich Frösche!
Viele der Frösche, die sie bisher kennen gelernt hatte, waren ganz nett gewesen, aber sie wollte nur den Einen. Und so hatte sie unzählige weggeschickt.
Nun gab es beinahe nur mehr solche, die einen weißen Punkt hatten und Bettina wusste nicht mehr weiter. Wo konnte sich dieser vermaledeite Frosch denn verstecken, so dass sie ihn nicht fand.
Prinz Froschschenkel indessen, kam nur in der Nacht aus seinem Versteck. Dies barg zwar die Gefahr von nachtaktiven Räubern, wie zum Beispiel, einer Eule, gefressen zu werden, aber dieses Risiko war ihm ungleich lieber, als von dieser Person errettet zu werden und dann ein Leben lang an ihrer Seite leben zu müssen. Was glaubte die eigentlich? Wurde man überhaupt nicht mehr gefragt? Gab es niemanden sonst, der ihn erretten wollte? Haufenweise Fragen stürmten auf ihn ein! Er wollte ein Mädchen haben, das ihn liebte und nicht seinen Titel. Er wollte auf keinen Fall nur deswegen errettet werden, weil er jemanden dann zur Prinzessin machte. Sie sollte sich in ihn verlieben und ihm zur Seite stehen, in guten wie in schlechten Tagen. Und so versteckte er sich weiterhin vor Bettina, die noch immer verzweifelt nach ihm suchte.
Eines Tages verirrte sich Bettinas Freundin im tiefen Wald. Irgendwie hatte sie die Orientierung verloren und fand keinen Ausweg mehr. Prinz Froschschenkel hörte ihre verzweifelten Hilferufe. Er hüpfte so schnell er konnte zu ihr und leitete sie aus dem verwirrenden Gestrüpp.. Dankbar küsste sie den Frosch auf die Wange und nach einem Knall stand der Prinz vor dem Mädchen. Beide verliebten sich sofort ineinander und heirateten alsbald.
Nur Bettina kam nicht zur Hochzeit ihrer besten Freundin, denn sie ärgerte sich grün. Froschgrün!
Taschentuchgeschichte: Memory
Oh nein, nicht schon wieder! Das ist nun bereits der vierte Knoten an diesem Tag. Vormittags zwei, wobei weder der Erste noch der Zweite irgend etwas bewirkt hatten.
Beim Dritten, kurz vor dem Mittagessen, freute ich mich gerade darauf, endlich zu meinem eigentlichen Zwecke gebraucht zu werden. Doch leider nicht! Wieder wurde ich nur quer zusammen gedreht und an einem Zipfel zusammen gebunden. Diesmal aber bewirkte die rücksichtslose Behandlung meinerseits, zumindest das was es bewirken sollte.
Mein Besitzer holte mich kaum zum Nase putzen oder auch nur zum Mund abwischen heraus. Nein! Er brauchte oder besser, missbrauchte mich allenfalls als Erinnerungshilfe.
"In jeder Ecke ein Knopf, trotzdem nix im Kopf!, pflegte ich meinen Herrn und Gebieter zu verspotten, wenn er sich wieder nicht erinnerte, woran der Knopf ihn erinnern sollte.
Und nun zog er mich wieder hervor. Aber bereits beim Knopf machen, entfiel ihm das was ihm nicht entfallen sollte. Bald würde er sich ein Taschentuch zulegen müssen, in das er Knöpfe macht, die ihn daran erinnern, dass er einen Knopf als Erinnerung in ein Taschentuch gemacht hat.
So weit ich weiß, gibt es alle möglichen und weitaus besseren Gegenstände, die eine wahre Hilfe und Erleichterung beim Erinnern sein konnten. Zettel, Telefone, Diktiergeräte und zu guter Letzt Computer. Mit keiner dieser Hilfen konnte er sich bisher anfreunden. Meistens waren diese Dinge grade nicht zur Stelle, wenn sie gebraucht wurden. Ich war immer im Hosensack. Und so werde ich weiterhin als Memory missbraucht. Aber egal: Arbeit ist Arbeit!
Taschentuchgeschichte: Wer weiß?
Schneutz! Langsam werde ich zusammen gefaltet. Und wieder: Schneutz!
Oh Gott! Sollte mein Leben nun schon zu Ende sein? OK ja, meine Aufgabe habe ich erfüllt. Ich wurde ja zu diesem Zwecke hergestellt. Erzeugt! In dieser riesigen Papierfabrik, mit tausenden und abertausenden Schwestern und Brüdern. Da war es lustig. Wir durften Karussell fahren und Rutschen hinunter rutschen. Ja, wir hatten unseren Spaß. Obwohl, wenn ich nachdenke, lange hat das auch nicht gedauert. Denn an einer Rutsche fielen immer zehn von uns übereinander und schon waren wir eingepackt. Sehen konnten wir noch, denn es war durchsichtiges Material. Aber Bewegung war uns nicht mehr vergönnt. Danach wurden viele von solchen Packungen aneinander gefesselt und wieder ummantelt. Einige Zeit haben wir in diesem Gefängnis zugebracht. Bis heute!
Und nun? Einmal noch fährt sich der Mann mit mir über seine Nase und schmeißt mich dann in einen Behälter, in dem ich viele andere kennen lernen darf.
Da ist ein spitzwangiger Geselle, der sich Bleistift nennt. Er meint, er sei zu kurz. Frau Senftube wieder jammert: "Ich bin doch noch gar nicht leer! Was mache ich hier? Niemand hat ihr wohl gesagt, dass sie schon steinalt und unangenehm riechend war. Ein zerbrochenes Glas, mit wunderschönem Schliff, kann es gar nicht fassen, nun nicht mehr so schön zu sein. Von weiter unten hört man ein Seufzen. Als ich nachfrage, bekomme ich einen Rüffel. "Na wie würdest du dich fühlen, wenn alle anderen auf dir drauf liegen würden?" Sehen kann ich auch nix mehr!" lammetierte die alte Socke weiter. " Meckere nicht!" rief ein zweites Taschentuch, dass ich erst jetzt erkenne. "Du hattest ein langes und erfülltes Leben. Du wurdest oft gebraucht und nun bist du eben zu alt und löchrig. Was willst du, ich bin grade mal einmal verwendet worden." Mein Bruder liegt wohl schon länger hier. Ich mache mich bemerkbar."Hallo Brüderchen, ich bin auch da." Wir schwelgen in Erinnerungen. Was war das doch? Kurz aber intensiv! Und nun?
Wer weiß, wohin uns der Weg noch führt.
Glückwunschbillett mit passendem Kuvert
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